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Kein Kind wie alle anderen

Zunächst wollte Torey Ladbrooke gar nicht mit in das Buch KEIN KIND WIE ALLE ANDEREN aufnehmen. Sie wollte nur von den Kindern berichten und Ladbrooke allenfalls in ihrer Funktion als Hilfskraft in der Klasse erwähnen. Doch während des Entstehungsprozesses des Buches stellte Torey mit Überraschung fest, dass es Ladbrookes Geschichte geworden war.

Voller Sorge darüber, dass ihre Verleger diese Abweichung von der vorher gelieferten Inhaltsangabe nicht gut finden könnten, schickte sie ihnen panikartig das 250 Seiten starke, unvollendete Manuskript noch über Weihnachten zu, nur um zu erfahren, dass sie so weiter schreiben sollte. Glücklicherweise mochte jeder “die Geschichte, die sich selber schrieb”.

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Toreys Buch “Kein Kind wie alle anderen” ist kein Buch wie alle anderen. Auch wenn auf jeder Seite die Geheimnisse emotionaler Störungen, Sex, Alkoholismus, Gewalt und alle Dimensionen von Verbrechen vorkommen, so darf der Leser am Ende doch davon überzeugt sein, dass die Welt voller Liebe, Zuwendung, Wärme und Ordnung ist. Die Diagnose für jedes der sechs Kinder in diesem Buch ist schwerwiegend: Mutismus, Schizophrenie, Autismus, geistige Behinderung. Doch diese Diagnosen sagen uns immer noch nicht viel über die Schwierigkeiten im Umgang mit diesen kleinen Personen, die nicht sprechen wollen, die nach Belieben in die Hose machen, die brüllen und an Stuhlbeinen masturbieren. Am Ende aber dürfen wir intensiv miterleben, wie sie sich verwandeln.

Und als ob diese sechs Jungen und Mädchen noch nicht reichen würden, betritt auch noch ein verwirrtes Elternteil die Szene. Ladbrooke, Mutter der autistischen Leslie, eine höchst elegante Person, verführerisch, über die Maßen schön, doch gleichzeitig Alkoholikerin mit vielen wechselnden Männerbekanntschaften, und ausgesprochen feindselig eingestellt.

Das Herz dieses Buches ist die Freundschaft, die sich allmählich zwischen Torey und Ladbrooke entwickelt. Dadurch erfahren wir, welch unterschiedlich Ausprägungen die Liebe annehmen kann. Ladbrooke möchte eigentlich “nur ein weiteres Kind” in der Klasse von Torey sein. Der umgangsspachliche Buchtitel (im Englischen “Just Another Kid”, Anm. d. Übers.) unterstreicht gleichzeitig das Anliegen dieses Buches: dass das Leben nur dann voll ausgelebt werden kann, wenn man sich in Beziehung zu seinen Mitmenschen stellt. Und diese Erinnerungen einer bemerkenswerten Lehrerin überzeugen den Leser davon, dass eine sehr herausfordernde Erziehungsaufgabe, wenn sie nicht länger als sowieso hoffnungslos angesehen wird, in höchstem Maße belohnt werden kann.
New York Times Book Review

Wo sind sie heute?

Dirkie ist nun über 30. Er kann bis heute nicht allein leben, ist also in einem Heim, das ihm auch Arbeitsmöglichkeiten bietet.

Torey weiß nicht, was aus Mariana geworden ist.

Leslie wird bald 30. Sie hat sich gut entwickelt, auch wenn sie immer noch sehr autistisch ist. Folglich kann sie nicht allein leben. Sie ist bei Tom. Aber sie hat sich gut angepasst und genießt das Leben. Tom hat wieder geheiratet.

Torey weiß von Geraldine nur, dass sie immer noch in Nordirland ist.

Shamie ist heute über 30 und lebt auch wieder in Nordirland, wo er als Beamter tätig ist. Er schreibt den Lesern folgendes:

Hallo, ich bin Shamie aus dem Buch KEIN KIND WIE ALLE ANDEREN..

Ich fühle mich sehr geehrt dadurch, dass ich einen Beitrag zu Toreys Website schreiben darf. Das war ein besonderes Jahr in meinem Leben. Ich war so durcheinander und aufgewühlt, als ich in Toreys Klasse kam, und es war ein so außergewöhnlicher Ort voll Ruhe und Akzeptanz. Ich glaube, ich hätte nicht nach Belfast zurück kehren können, wenn ich mich in jenem Jahr nicht in der Sicherheit der Klasse hätte weiter entwickeln können. Ich möchte jeden ermuntern, der sich einsam, isoliert oder aufgewühlt fühlt. Es ist wichtig zu wissen, dass es auf der Welt Menschen gibt, die das ernst nehmen. Ich hatte die Chance das zu erleben. Ich hoffe, andere haben sie auch. Versucht’s immer weiter. Hört nicht auf zu suchen. Es lohnt sich.

Shemona ist jetzt über 20. Sie lebt nach wie vor in den USA. Sie arbeitete lange in Public Relations, unterrichtet nun aber seit kurzem: Sie schreibt folgendes:

Hi, ich schreibe nur, damit ihr wisst, dass es mir gut geht und ich ein recht schönes Leben führe. Ich habe einen Uni-Abschluss in Pädagogik, doch ich habe nicht sehr lange als Lehrerin gearbeitet. Es war dann doch nichts für mich. Also arbeite ich nun in einem Schulbuchverlag, der neue Unterrichtsmaterialien herstellt. Ich habe vor vier Jahren meinen Freund geheiratet und wir haben nun eine zweieinhalb Jahre alte Tochter, Rosheen. Und ich habe dann noch mein anderes Baby, Ronnie, den Burma-Kater. Ich glaube, das ist es.

Ladbrooke ist wieder in die Forschung zurück gegangen. Vor einigen Jahren hat sie sich von ihrem zweiten Mann scheiden lassen. Torey und sie sind immer gute Freundinnen geblieben:

Eigentlich wollte ich nichts für diese Site schreiben. Als Torey mich fragte, fühlte es sich für mich zunächst irgendwie wie ein Eindringen in meine Privatsphäre an, so als müsste ich alles von früher wieder neu zugeben, diesmal sogar in der Öffentlichkeit, und wie schlimm die Dinge damals für mich waren. Also sagte ich zu Torey, schick’ denen einfach meine besten Wünsche. Aber ich ging immer wieder zu ihrem Message Board und las da “heimlich” die Beiträge, und noch öfter kam ich hier zur Website und zu “unserer” Seite, und las sie immer und immer wieder, weil ich mich dadurch fühlte, als wäre ich wieder zurück in der Zeit, welche keine gute Zeit war, denn es war eine schwere Zeit, aber ihr wisst schon… Ich glaube, ich kannte diese Seite hier bald auswendig. Ich las immer wieder, was “Shamie” und “Shemona” geschrieben haben und dachte immer “ich will da auch sein”. Ich wollte als Teil jener Klasse anerkannt werden, weil es ja wahrlich auch “meine” Klasse war!

Es ist nicht leicht etwas Neues zu schreiben. Wie ich früher schon sagte, war ich nicht immer glücklich und zufrieden. Jeder andere, den Torey gefragt hat, ob er oder sie ein paar Worte zu ihren Buch-Seiten schreiben wollte, klingt, als ob sie’s wirklich geschafft hätten im Leben, und das finde ich cool. Ich kämpfe aber immer noch ein bisschen und das zuzugeben ist nicht leicht, nicht einmal nach all diesen Jahren. Doch so ist nunmal das Leben.

Also glaube ich, dass ich – wie vorher schon mal gesagt – wenn überhaupt, dann diese Mitteilung an die Leser der Bücher machen will, nämlich, wie wichtig es ist am Ball zu bleiben, wie wichtig es ist seine Chancen zu ergreifen und mal was zu wagen, auch wenn’s schwierig ist, wenn man in einer Weise denken muss, die man vorher noch nicht kannte, und wie wichtig die “Verbindung” ist zwischen den Menschen, weil wir alle einerseits irgendwie getrennt sind voneinander, andererseits aber nur “ganz” werden, wenn wir uns umeinander kümmern. Torey hat in dem Zusammenhang einen Lieblingssatz gebraucht, den ich in keinem ihrer Bücher wieder gefunden habe, der aber, so denke ich, alles ausdrückt, was zwischen uns in jenem Prozess der Heilung stattgefunden hat. Wenn alles immer schlimmer wurde, das Leben sich Scheiße anfühlte und ich mir sicher war den nächsten Schritt nicht mehr gehen zu können, dann sagte Torey immer: “Ja, es ist schwer, wirklich schwer. Aber ‘schwer’ ist nicht ‘unmöglich’.” Das finde ich cool. Das ist eine coole Art die Dinge zu sehen, und ich versuche immer noch diesem Motto zu folgen, jeden Tag neu…